CDs
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NEUES AUS
DER
MUSIKWELT
von Thomas Hintze
Aus seiner umfangreichen CD-Sammlung
fischt der Jazz-Kenner und -Liebhaber
Thomas Hintze für die STEREO-Leser jeden
Monat die schönsten Schätze. Im Folgenden
widmet er sich den Standards.
M e in e Ja z z S ta n d a rd s
„Can’t We Be Friends“
S
chon allein der Titel unseres
Standards fasziniert
mich.
Ich verstehe ihn als Aufforderung
„Lasst uns doch Freunde sein“,
und sicher ist er auch so gemeint.
Komponiert wurde „Can’t We Be
Friends“ endlich einmal von einer
Frau, nämlich Kay Swift, die so-
wohl Populärmusik als auch „klas-
sische“ Musik schrieb - nach dem
Tod von George Gershwin arran-
gierte sie aus seinem Nachlass
unvollendete Werke. Mein heuti-
ger Standard hat seinen Weg in
den Jazz nicht sofort gefunden (zu-
nächst war er
1929
Teil einer Re-
vue), längst aber ist er hier fest
verankert. Ein Wort noch zum Text-
dichter: Dieser war Kay Swifts ers-
ter Ehemann, der Banker James
Paul Warburg.
Lassen Sie mich mit einem mei-
ner Lieblingssänger beginnen, auch
wenn er eher der klassischen Mu-
sik zugerechnet werden muss. Die
Rede ist hier von dem großartigen
Thomas Quasthoff
, der vor eini-
ger Zeit seinen offiziellen Rücktritt
von den Konzertbühnen bekannt
gab. Wer seine Autobiografie „Die
mich ist er einer der ganz wenigen
Sänger, die diesen Spagat zwischen
Jazz und klassischem Gesang per-
fekt beherrschen. In „Can’t We Be
Friends“ wird er von einer kleinen
Big Band namhafter Jazzmusiker
begleitet, großartig von Alan Broad-
bent arrangiert. Er ist es auch, der
die Titel, in denen das Deutsche
Symphonie Orchester ins Gesche-
hen eingreift, niemals ins Kitschi-
ge oder gar Schnulzige abgleiten
lässt. Dafür garantiert er, und Tho-
mas Quasthoff sowieso. Ich muss
landung hingelegt, denn auf der
CD
„Something Cool“
(ChoiceCe/
Candide) befindet sich dieser Ti-
tel. Mich hat die Stimme von Carol
Sloane sofort in den Bann gezogen,
singt sie doch gerade in den Mit-
tellagen mit ausgesprochen war-
mem Timbre. Außerdem umgibt sie
sich mit ausgezeichneten Beglei-
tern wie George Mraz (Bass) und
Joe LaBarbera (Schlagzeug). Hin-
zu kommt der Altsaxofonist Norris
Turney - ich dachte erst, hier bläst
Johnny Hodges, denn sein Ton äh-
CD
„Hot House“
(Concord). Gleich
der erste Titel ist „Can’t We Be
Friends“, und ich verstehe dies als
Bekenntnis von Corea und Burton
zu ihrer Freundschaft, denn produ-
ziert wurde die CD
40
Jahre nach ih-
rer Zusammenarbeit auf „Crystal Si-
lence“. Wenn ich zum Vergleich frü-
here Aufnahmen auflege, scheint
die Zeit stillzustehen, denn die bei-
den verstehen sich noch genau so
wie vor
40
Jahren. Es handelt sich
um musikalische Zwiegespräche,
wobei mein Favorit Gary Burton am
Vibrafon ist - allein, weil er so ganz
anders spielt als sein großer Kolle-
ge Milt Jackson. Ich will aber noch
erwähnen, dass es nach dem Stan-
dard nicht so „straight“ weitergeht.
Die CD schließt mit dem von Co-
rea geschriebenen „Mozart Goes
Dancing“, bei diesem Stück spielt
dann auch noch das Harlem String
Quartett. Angst vor weihevollem
Schwulst muss hier niemand ha-
ben, es handelt sich vielmehr um
einen tollen Spaß.
Wer sich „Can’t We Be Friends“
widmet, kommt an der Einspie-
lung der unvergleichlichen Jazz-
Thomas Quasthoff: The Jazz Album -
Watch What Happens
Carol Sloane: Something Cool
Chick Corea & Gary Burton: Hot House
Ella Fitzgerald, Louis Armstrong:
Ella And Louis
Stimme“, ein sehr selbstbewuss-
ter Titel, gelesen hat, weiß, dass
der Jazzgesang zu seinen großen
Leidenschaften gehört. Und man
erfährt, dass Quasthoff vor seiner
großen Karriere auf den Konzertpo-
dien der Welt oft in einem Jazzclub
in Hannover gesungen hat. Das er-
klärt auch, warum er bei seinem
klassischen Label den Wunsch
nach einem Jazzalbum durchsetzen
konnte. So entstand die CD
„The
Jazz Album - Watch What Hap-
pens“
(Deutsche Grammophon).
Wenn Sie Thomas Quasthoff noch
niemals als Jazzsänger gehört ha-
ben, kann ich verstehen, falls sie
möglicherweise skeptisch sind. Für
noch ewähnen, dass der Trompe-
ter Till Brönner neben seinen So-
li hier auch für die Produktion ver-
antwortlich zeichnet.
Kennengelernt habe ich
die
amerikanische Jazzsängerin
Carol
Sloane
durch Platten, die sie in
Japan aufgenommen hat. Genau-
er gesagt, mein damaliger Arbeit-
geber Pioneer hat mit ihr einige
produziert, das Label hieß „Lobs-
ter“. Deshalb wollte ich schon im-
mer eine Empfehlung hinsicht-
lich dieses Labels aussprechen,
nur war dann die entsprechende
CD hierzulande nicht mehr verfüg-
bar. Mit „Can’t We Be Friends“ ha-
be ich nun aber doch eine Punkt-
nelt ihm doch sehr, man kann dies
gerade bei unserem Standard gut
verfolgen. (Am Klavier sitzt übri-
gens Benny Aronov.) So ist eine
swingende Fassung entstanden, in
der, wie auf fast allen Titel, George
Mraz eine dominante Rolle in der
Begleitung am Kontrabass über-
nimmt. Weil hervorragend aufge-
nommen, ist dies auch eine drin-
gende Empfehlung für Fans „wal-
kender“ Kontrabässe.
Das Duo
Chick Corea & Gary Bur-
ton
(Klavier und Vibrafon) habe ich
auf einer meiner ersten ECM-Plat-
ten kennengelernt, die „Chrystal
Silence“ (
1972
) hieß. Meine Emp-
fehlung fällt in diesem Fall auf die
größen
Ella Fitzgerald
und
Louis
Armstrong
und ihrer SACD
„Ella
And Louis“
(Analogue Productions)
nicht vorbei. Es gab und gibt Stern-
stunden in Sachen Jazz, doch die-
se ist außergewöhnlich. Wie Ella
und Louis den Titel dank Unterstüt-
zung des Oscar Peterson Trios mit
Ray Brown (Bass) und Herb Ellis
(Gitarre) plus Buddy Rich (Schlag-
zeug) zum Swingen bringen, das
ist einfach umwerfend. In Sachen
Klangqualität ist für mich die Aus-
gabe von Analogue Productions auf
Hybrid-SACD erste Wahl, gleichbe-
rechtigt neben einer sorgfältigen
Vinylpressung. Viel Spaß beim Hö-
ren, Ihr Thomas Hintze.
130 STEREO 8/2014
★ ★ ★ ★ ★ hervorragend I ★ ★ ★ ★ sehr gut I ★ ★ ★ solide I ★ ★ problem atisch I ★ schlecht
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